Wir bummeln über den schönen Markt in der alten Festungsstadt, in der heute Morgen alle Menschen auf den Beinen sind. Jung und Alt, reich und normal ziehen geschäftig durch die Stadt. Vor der Kirche versammeln sich viele Menschen in eleganter Kleidung und andere mit klassischen Musikinstrumenten.
​Es ist richtig was los unter dem blauen Himmel. Nur eines fehlt - der Wind. Der schläft noch und nach dem Ablegen können wir auf dem IJsselmeer eine spiegelglatte See betrachten. So geht es mit Motorkraft Kurs Edam. Das machen heute alle Segelboote auf dem IJsselmeer, denn es regt sich kein Windhauch, der die Segel in Form bringt.
DIe Hafeneinfahrt von Edam entpuppt sich noch als kleines Abenteuer. Erst einmal wird es richtig flach und das Echolot zeigt Wassertiefen unterhalb von zwei Metern an. Man hat bei der Einfahrt das Gefühl, dass man gar nicht hineinpasst, so klein ist sie. Gut, dass heute so ein ruhiges Wasser ist, denn da möchte ich ungern bei Wind und Welle einlaufen.

Das Schöne ist, dass man heute schon mal richtig Sonne tanken kann, denn dank des fehlenden Windes ist es im Cockpit richtig schön warm.

Die Sonne lacht vom Himmel und sorgt für ein wundervolles Morgenlicht. Ein leichter Dunstschleier zieht durch die kalte Morgenluft und die Brötchen locken beim "Warmen Bakertje" in Naarden.

Der Schreck mit dem Motor ist verdaut und es geht los zurück in den Hafen, in dem ich die Balena gefunden habe. Wir verlassen die schöne Marina von Volendam hoch am Wind. Nach kurzem Kreuzschlag in die falsche Richtung kann ich eine Wende fahren und den Leuchtturm von Marken ansteuern.

Kurz vor dem Leuchtturm schläft der Wind ein und wir kommen kaum von der Stelle. Dazu dreht es auch noch so, dass wir nach dem Passieren des Leuchtturm weiterhin hoch am Wind segeln müssen. Das fängt aber schnell an Spaß zu machen, denn der Wind legt immer weiter zu und bald rauscht die Balena mit über 5 Knoten durchs Wasser. Dazu wechselt sich die Sonne mit Wolken ab, sodass es mal angenehm warm und mal doch recht kühl ist. Zum Glück kann man zwischendurch die Kajüte mit der Dieselheizung schön warm machen. So nähern wir uns dem nächsten Abenteuer des Tages, der Zug- und Autobahnbrücke an der Meerenge, die die Einfahrt in die Randmeere bildet. Mich macht das immer nervös, wenn da auch mehr als genügend Platz zwischen der Mastspitze und der Brücke ist.
Jetzt liegen wir zufrieden in der Marina und gehen nachher in dem gemütlichen Lokal Fine in Naarden-Vesting speisen.

"Jetzt weiß ich auch, warum Partnerlook so verpönt ist, Deine XS-Hose passt mir wirklich nicht." Ich ziehe morgens die kleinere warme Fleecehose an, aber irgendwie rutscht die nicht mehr wirklich über die lange Unterhose. So etwas passiert, wenn man zweimal die gleiche  warme Hose in verschiedenen Größen bei Amazon bestellt.
Nach dem das alles geklärt ist, macht es beim Schlüsselumdrehen im Motor nur noch KLACK und dann herrscht Stille.
Zu wenig Saft auf der Batterie - gestern zu viel mit dem Motor gefahren - "Hast Du gestern noch etwas daran gemacht?" - all das geht in der ersten Minute durch unsere Köpfe. Nun, es hilft nichts, es bleibt still. Also ab mit dem Kopf in den Motor. Als erstes findet der IT-Fuzzy mit wenig technischem Verstand für Motoren ein loses Kabel. Das muss der Auslöser sein, das Kabel führt wohl zu der Glühkerze. Also im Zubehör kramen und einen Elektroverbinder anbringen. Das klappt, aber es bleibt bei dem Klacken. Dank des Internets kommen wir auf den Tipp mit Bild, leicht mit dem Hammer auf den Magnetschalter zu schlagen. Das gepaart mit einem Berg Kontaktspray führt zum Erfolg. Der kleine Motor vom Wal tuckert wieder ganz normal los. 

Eigentlich wollten wir ja nach Texel segeln. Morgen macht dort die Marina nach der Winterpause wieder auf, aber die Temperaturen an der Küste deuten mehr auf Schnee hin. Das sagt die Stimme im Radio auch beim Brötchenholen: "Wenn man über Ostern in den Schnee möchte, dann sind die Küsten von Nord- und Ostsee das beste Ziel..."
Die Sonne hält mich nicht im Hafen und es geht Kurs Süd-IJsselmeer, dort ist es bestimmt wärmer. Zumindest behauptet das der Wetterbericht.

Es geht los und wir können zusammen mit einem kleinen Frachter in die Schleuse einfahren. So gelangen wir ohne lange Wartezeit ins südliche IJsselmeer. Nur wo ist der angesagte Wind? Irgendwie ist es flau und natürlich kommt der Wind aus der falschen Richtung und wir müssen sehr hoch an den Wind. So geht es mit langsamer Fahrt voran.

Die Freude über den Wind hält aber nicht lange, denn er schläft ganz ein. So kommt der gute Diesel zum Einsatz und wir motoren mit zügiger Fahrt Kurs Volendam, ein malerischer Ort unweit von Amsterdam mit einer sehr schönen und immer noch sehr neuen Marina. Die warme Sonne, die uns verwöhnt, zaubert schöne Lichtreflexe auf das Wasser und taucht den Zielhafen in schönes Abendlicht.

Der Hafenmeister weist uns eine Box zu und bald darauf gibt es ein leckeres Abendessen. Daran merkt man, dass ein sehr raues Klima herrscht, denn wir haben richtig Hunger. Der Körper muss doch einiges gegen die Kälte tun.

Im Anschluss an das Abendessen erkunden wir noch ein wenig den kleinen Ort und schauen hier und da in die langsam dunkel werdenden Gassen. Es ist irgendwie doch schon viel los, obwohl es dafür dann doch sehr ruhig ist.
Im Hafen machen nur noch die Wasservögel Krach und der fast volle Mond schaut gemütlich dabei zu.

Es sind nachts Temperaturen von -6°C angesagt, dazu 7 Windstärken, was auf der Haut zu gefühlten -15°C führt, der sogenannte Shell-Effekt. Die Vorhersage gilt für mehrere Nächte hintereinander und das nach einem so schönen Auftakt am letzten Wochenende. Jammern hilft nicht, also auf ins Schneetreiben zum Boot und überall Frostschutz einfüllen.
Je mehr wir uns der Küste nähern, desto mehr reißt der Himmel auf und es zeigt sich sogar die Sonne. Nur der Wind zerrt auf jeder Brücke heftig am Auto. Im Hafen führt uns der erste Halt in den Laden, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich genügend Frostschutz dabei habe. Hier gibt es die schlechte Nachricht: ausverkauft. Frostschutz ist in ganz Holland nicht zu bekommen. Also improvisieren und vorsichtig mit den Resten umgehen, aber das Aufteilen für Motor und Abflüsse klappt.
Im Laden gibt es auch etwas Schönes zu vermelden. Die Weltenbummler von der Hafskip sind für den Sommer zurück, um daheim ein wenig Geld zu verdienen. Bram steht mit knackiger Sonnenbräune im Laden und berichtet, dass er im Sommer Hafenmeister sein wird. Das wird schön, denn ich denke, wir werden die ein oder andere Geschichte abends im Cockpit zu erzählen haben. Wir sind auf die Abenteuerberichte gespannt.

Der kleine Wal zerrt heftig an seinen Leinen, da der Wind für ein aufgewühltes Wasser sorgt. Man muss jeden Zentimeter Haut einpacken und nichts dem Wind preisgeben, dann ist es in der Sonne sogar schön.
Zwischendurch entsorge ich noch Müll und auf meinem Weg zurück frage ich mich, was das am Heck der Balena ist. Pellt sie sich? Ist im Winterlager irgendwas schiefgegangen?
Aber die Antwort ist zum Glück ganz einfach. Jede Welle, die gegen den Rumpf prallt, spritzt ein wenig Wasser hoch, das immer weiter friert und so anfängt, den kleinen Wal in einen Eispanzer zu hüllen. Gut, dass es an Bord eine warme Heizung gibt, besonders bei dem Gedanken, dass es in anderthalb Wochen auf zur Insel Texel gehen soll.

Nachdem es im Bauch vom Wal wieder gemütlich ist und viele Dinge den Weg an ihren gewohnten Platz gefunden haben, geht es an den Motor und ruckzuck tuckert der gute alte Diesel vor sich hin. Ich lasse ihn ein wenig warm laufen und ab geht es zum Liegeplatz.
Jetzt ist erstmal eine Runde Sonnetanken angesagt. Die ersten Strahlen wärmen uns im Cockpit. Während der kleinen Pause kann man zwei Blässhühner auf der Wiese beobachten, die dort Leckereien picken. Ein ganz ungewohnter Anblick, von dem wir uns aber losreissen, denn wir möchten hinaus aufs IJsselmeer. Der Wind heult in der Takelage und schnell sind im Hafen die Segel gesetz. Irgendwie wie immer, will die Logge noch nicht sofort die Geschwindigkeit anzeigen. Sie braucht einen Anschubser durch ein paar Frachterwellen.
Es fühlt sich in der Sonne super gut an, leise unter Segel vor sich hinzu gleiten. Nur das Bild, was sich am Ufer zeigt, deutet an, wie stark das IJsselmeer zugefroren war, denn überall sieht man noch eine dicke Schicht Eis am Ufer.
Am Ende steht eine eindreiviertel Stunde Segeln mit 6,6 Seemeilen auf der Logge.  

Heute ist der große Tag für die Balena und es geht nach vier langen und dunklen Monaten wieder ins Wasser. Die Sonne lacht vom blauen Himmel und es fühlt sich einfach nur gut an. Der Wal wartet schon am Kran und steht bereit, um in eine schöne neue Saison zu starten. 
Und als die Balena schwimmt, wird alles wieder eingeräumt. Es sieht direkt richtig gemütlich aus :-)

    

Der kleine Wal muss noch eine Woche Länger an Land stehen, denn der Hafen und das IJsselmeer sind zugefroren. 
Team Heiner, das Regattateam im Hafen hat gestern einige Eisbilder eingestellt. Da kann man einfach kein Boot zu Wasser lassen. Sieht echt spannend aus :-)